Tausende Menschen pfeifen in Wien bei Spaziergang zum Parlament auf ACTA

Medienmitteilung der Piratenpartei Österreichs, 25.02.2012

Die Piratenpartei Österreichs (PPÖ) setzte gemeinsam mit 8 weiteren anderen Organisationen am Samstag, dem 25.02.2012 erneut ein deutliches Zeichen gegen das ACTA-Abkommen bei einem Demonstrations-Spaziergang vom Wiener Westbahnhof zum Parlament. Dank der Frühlings-Temperaturen kamen mindestens ebensoviele Menschen wie bei den Protesten am eiskalten 11. Februar. Die friedliche Kundgebung des Unmuts über ein Internet-Nutzer kriminalisierendes Gesetz verlief ohne Zwischenfälle.

Bei der Abschlusskundgebung vor dem Parlament brachte PPÖ-Sprecher Christian Marin seinen Unmut über die plötzliche Kehrtwendung der Regierung zum Ausdruck: „Jetzt hat Österreich beschlossen, mit der Ratifizierung von ACTA auf den Beschluss des EU-Parlaments zu warten. Das EU-Parlament wartet aber jetzt darauf, dass der EuGH klärt, ob ACTA europäisches Recht verletzt. Denn die EU-Kommission war sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob der Vertrag wirklich mit den Grundrechten vereinbar ist. War dazu während der letzten 5 Jahre, in denen ACTA verhandelt wurde keine Zeit?“ Die schiefe Optik, dass die zuständige EU-Referatsleiter der Urheberrechtsabteilung in der Generaldirektion Binnenmarkt in der EU-Kommission, Frau Maria Martin-Prat die ACTA Verhandlungen vorangetrieben hat, wird durch die Tatsache verstärkt, dass sie früher während einer EU-Karenzierung Lobbyistin der Musikindustrie war.

Hier wird versucht heute mit den Methoden von gestern das Geschäftsmodell von vorgestern für morgen zu zementieren.

„Während sich Verwertungsgesellschaften mit der Computerbranche darüber streiten, ob Festplatten zum Speichern von urheberrechtlich geschütztem Material dienen – und das abgegolten werden muss oder nicht – haben wir die Kopien unserer Tracks und Videos schon längst in der Cloud. Hier wird versucht heute mit den Methoden von gestern das Geschäftsmodell von vorgestern für morgen zu zementieren. Fälschungen kommen vor allem aus China, aber China ist bei ACTA nicht dabei.“, so Marin weiter.

Petra Bayr von der SP Wien sagte, Änderungen im Urheberrecht, wie in ACTA gefordert, beträfen auch Medikamente und Lebensmittel. Vor allem negative Auswirkungen von ACTA auf legale medizinische Generika seien zu befürchten, unterstrich Bayr: “Hauptleidtragende wären kranke Menschen in Entwicklungsländern, weil sie sich die teuren Markenmedikamente nicht leisten können”, sagt Bayr. Die SPÖ-Entwicklungssprecherin verwies darauf, dass bis Ende 2010 rund 6,6 Millionen Menschen dank der Herstellung von Generika eine lebensrettende AIDS-Therapie erhalten haben. Für Bayr ist daher klar: “Der Zugang zu lebensrettenden Medikamenten darf nicht verhindert werden, der rechtmäßige Handel mit Generika muss weiter möglich sein.”

Im Zusammenhang mit ACTA seien aber auch Preisexplosionen bei Lebensmitteln zu befürchten, sagte Bayr: “Lebensmittelkonzerne lassen seit Jahren Grundnahrungsmittel patentieren. Jetzt ist klar, warum. Denn durch ACTA hätten diese Lebensmittelkonzerne die Möglichkeit, für das Anpflanzen von bestimmtem Saatgut Patentschutz-Geld zu verlangen.”

Alexander Sander, Sprecher des fraktionslosen EU-Abgeordneten Martin Ehrenhauser, sagte: „Wir brauchen ein modernes Urheberrecht, welches Kultur schafft und den kulturellen Austausch zwischen Menschen befördert und nicht verhindert. Die Grundrechte gelten auch im digitalen Raum. Das Recht auf Privatsphäre, ein starker Datenschutz, das Recht auf freie Meinungsäußerung. Diese Rechte sollen nun durch ACTA torpediert werden. Das nehmen wir nicht hin!”

Marco Schreuder von den Grünen sagte, “Noch ist ACTA nicht ad acta gelegt. Es geht immer noch um Demokratie und Mitbestimmung. Daher müssen wir weiter demonstrieren! Außerdem appelliere ich an alle politischen Kräfte in ganz Europa, endlich dafür zu sorgen, dass die Netzpolitik breit diskutiert wird, mit allen Interessensgruppen, weil sie nicht einzig und allein von einigen wenigen Lobbys gestaltet werden darf.”

Von attac hiess es: „ACTA bedroht die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger, verstärkt die Überwachung und ist ein Hindernis für Innovation. Von ACTA geht nicht nur die Gefahr aus, dass Datenschutz und Meinungsfreiheit im Internet eingeschränkt werden, um die Interessen von Film- und Musikindustrie besser absichern zu können, sondern auch, dass es zukünftig kein freies Saatgut oder keine umfassende Medikamentenversorgung für alle Menschen gibt.“

Piratenpartei Österreichs (PPÖ)
Rückfragehinweis: Toni Straka, Bundesmediensprecher
email: toni.straka@piratenpartei.at
Twitter: PiratenOE