Piraten und Grüne bringen gemeinsam parlamentarische Anfrage zu INDECT ein

Innenministerium wird zu Überwachungsprojekt befragt – europaweite Proteste am Samstag

Wien. 19.10.2012. Mit dem wachsenden Widerstand gegen INDECT befasst sich nun auch das Parlament. Der grüne Bundesrat Marco Schreuder bringt eine parlamentarische Anfrage an die Innenministerin ein. Die Anfrage wurde in Kooperation mit den Piraten erstellt. „Es gibt viele offene Fragen und Unsicherheiten zu INDECT. Wir wollen klären, ob wenigstens das Innenministerium über das Überwachungsprojekt ausreichend informiert ist“, erklärt Rodrigo Jorquera, Mitglied im Bundesvorstand der Piraten.

Bürgerrechtler und Abgeordnete des Europäischen Parlaments haben in den vergangenen Jahren vermehrt Kritik am Überwachungsprojekt INDECT geäußert und die mangelnde Tranparenz gegenüber der Bevölkerung kritisiert. „Unsere Privatsphäre ist ein hohes Gut. Großflächige Video- und Internetüberwachung ist eine heikle Sache, die zu erforschende Total-Überwachung durch INDECT keinesfalls hinnehmbar. Das Projekt muss sofort hinsichtlich seiner Auswirkungen auf die Grundrechte überprüft werden und gegebenenfalls gestoppt werden“, fordert Jorquera.

Kommenden Samstag gibt es erneut europaweite Proteste, so auch in Wien. „»Kein Steuergeld für Big Brother«, unter diesem Motto werden wir am Samstag in Wien gegen INDECT auf de Straße gehen – viele Menschen wissen nicht einmal, dass es ihre Steuergelder sind, die Projekte wie INDECT erst ermöglichen. INDECT wird weit mehr überwachen als nur das Internet, vielmehr ist eine Zusammenführung möglichst vieler Datenquellen das Ziel“, so Patryk Kopaczynsky, ebenfalls Mitglied des Bundesvorstandes.

Anhang: Anfrage an das Innenministerium

Näheres zur Piratenpartei:
Die Piratenpartei ist eine sozialliberale Bürgerrechtspartei, die basisdemokratisch organisiert ist. Unter dem Motto „Freie Bildung! Freies Wissen! Freie Kultur!“ tritt sie an, um mehr Mitbestimmung und Transparenz in der Politik umzusetzen. Die Piratenpartei ist eine Mitmachpartei, in der sich jeder Bürger unmittelbar ins Programm einbringen kann.

Für den Bundesvorstand,
    Rene Dyma, Rodrigo Jorquera, Patryk Kopaczynski

Anhang:

[http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/J-BR/J-BR_02927/index.shtml]

Anfrage

der Bundesrätlnnen Marco Schreuder, Efgani Dönmez; Elisabeth Kerschbaum an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Österreichische Teilnahme am Projekt INDECT

BEGRÜNDUNG

Das Projekt INDECT wird seitens der Europäischen Union Im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms mitfinanziert und basiert – wie die Website der Europäischen Kommission angibt-auf dem Sicherheitsarbeitsprogramm 2007, welches von den Mitgliedstaaten unterstützt wurde.

INDECT erforscht derzeit die Möglichkeiten, polizeiliche Überwachungssysteme im öffentlichen Raum sowie im Internet zu vernetzen und zu automatisieren und so ein „Intelligentes Informationssystem“ zu schaffen, das Verhaltensauffälligkeiten erkennt bzw. Verhaltenserkennung betreibt und diese Informationen verknüpft, um somit eine digitale Rasterfahndung zu ermöglichen.

Falls INDECT umgesetzt werden sollte, wird die Verantwortung dem österreichischen Innenministerium als für Sicherheit und Polizeiüberwachung zuständigem Ministerium-unterliegen.

Die unterfertigenden Bundesrätlnnen stellen daher folgende

ANFRAGE

1.                 War das Innenministerium bei Vorgesprächen zur Finanzierung und Forschung von INDECT beteiligt? Falls ja, in welchen Gremien und wann tagten diese? Falls ja. wer nahm an diesen Treffen teil?

2.                 Finanziert das Innenministerium INDECT außerhalb des 7. FRP mit?

3.                  Unterstützt das Innenministerium das Forschungsprojekt INDECT und andere europäische Überwachungs- und überwachungsfokussierte Informationssysteme? Falls ja, welche?

4.                Wurden oder werden INDECT – Forschungsergebnisse schon eingesetzt, um die Exekutive in Österreich zu unterstützen? Wann ja, mit welchen Ergebnissen?

5.                  Haben Behörden des Innenministeriums Daten für das INDECT- Forschungsprojekt zur Verfügung gestellt? Wenn ja, welche?

6.                   Falls INDECT umgesetzt werden sollte: Werden Sie sich im Europäischen Rat dafür einsetzen, dass INDECT dem Europäischen Parlament vorgelegt wird, oder bevorzugen Sie eine zwischenstaatliche Lösung ohne Beratung des Europäischen Parlaments?

7.                   Gibt es bereits Pläne österreichischer Behörden, Forschungsergebnisse von INDECT einzusetzen? Wenn Ja, welche?

8.                  Welche Gesetze und Befugnisse zum Einsatz von INDECT- Forschungsergebnissen müssten angetastet werden? Gibt es dazu bereits Entwürfe?

9.                  Haben österreichische Behörden Zugriff auf bzw. sind sie im Besitz von nicht­öffentlichen Unterlagen bezüglich INDECT? Welche Behörden? Welche Unterlagen?

10.              Gibt es Vereinbarungen/Dokumente betreffend INDECT und Österreich Im Speziellen?

11.               In welchen Bereichen könnte das Innenministerium INDECT Forschungsergebnisse einsetzen, ohne dass Gesetzeslage und Befugnisse geändert werden müssten? Gibt es dazu bereits Pläne?

12.                 Dieselben Forscher, die am Projekt INDECT beteiligt sind, haben intelligente Informationssysteme anlässlich der Fußballeuropameisterschaft EURO 2012 in Polen und der Ukraine entwickelt und eingesetzt. Waren BeamtInnen des Innenministeriums in Einsatzzentralen der dortigen Polizei vor Ort? Falls Ja, welche Erkenntnisse konnten aus diesen Beobachtungen gezogen werden?

13.              Wurden oder werden In Österreich Feldversuche Im Rahmen von INDECT oder ähnlichen Projekten durchgeführt oder sind diese geplant? Wenn ja. welche? Und zu welchen Anlässen?

14.               Sind Ihnen Datenschutz-Bedenken bzw. Bedenken bzgl. Verletzungen von Bürgerrechten, welche zum Projekt INDECT geäußert wurden, bekannt? Falls Ja, welche Bedenken teilen Sie bzw. welche Bedenken teilen Sie warum nicht?

15.               Ein Bereich von INDECT umfasst das Entdecken von kriminellen Handlungen bzw. kriminellem Verhalten im Internet. In welchem Umfang unterstützen Sie dieses Anliegen und welche Maßnahmen halten Sie für geeignet und mit den Bürgerrechten und datenschutzrechtlichen Bestimmungen für vereinbar?