Doppelbudget 2016/16 #unsereRede

Ich möchte allen die hier mitgeholfen haben danken! Dies waren in diesem Fall ja nicht nur die üblichen Verdächtigen der AG-GMR sondern auch lange vermisst geglaubte Piraten und auch viele nochnichtPiraten. Ich hoffe wir haben gemeinsam eine gute Position eingenommen und auch eine gute Rede gemacht. Die ersten Rückmeldungen waren positiv.


 

Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Stadtregierungsmitglieder, sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin, lieber Herr Bürgermeister!

Die Stadt Graz hat lange gezittert, ob ein neues Budget, das auch eine Mehrheit findet,zustande kommt, nachdem die FPÖ den Stabilitätspakt aufgekündigt hat. Bei Verhandlungen mit der FPÖ und den Grünen wurden keine Ergebnisse erzielt, es sah lange Zeit so aus, als müssten wir Piraten das Zünglein an der Waage sein. Durch die Einigung mit der KPÖ gelang es dann aber rot/schwarz, eine stabile Mehrheit zu bekommen. Trotzdem hat Bürgermeister Nagl weiterhin mit uns verhandelt, da er das neue Budget auf eine breite Basis stellen wollte. Ich möchte hiermit unseren Dank für die umfassenden Informationen, die uns von ÖVP, SPÖ und KPÖ, sowie der Magistratsdirektion, die Präsidialabteilung und der Finanzdirektion gegeben wurden, aussprechen.

Nun gibt es also ein neues Doppelbudget für Graz. Es gibt viele Dinge darin, die absolut begrüßenswert sind. Besonders erwähnen möchte ich dabei, dass in Graz in Zukunft wieder mehr Gemeindewohnungen errichtet werden, um wieder leistbaren Wohnraum für die Grazer Bevölkerung zu schaffen. Aus unserer Sicht ist es wichtig ein spezielles Augenmerk auf die jungen Grazerinnen und Grazer zu legen und ihnen ein passendes Angebot zu bieten. Gerade als Studierendenstadt muss es hier genügend leistbare Angebote geben. Denn nach einem anstrengenden Tag auf der Uni und einem tollen Ausklang im Univiertel (ohne Sperrstunde) muss man auch schlafen.

Auch die Einführung eines günstigeren Jahrestickets für die Holding-Linien ist ein erster, guter Ansatz, den öffentlichen Verkehr attraktiver und für alle leistbar zu machen.
So ist Graz mit einem Preis von 228 Euro für ein Ticket auf Platz 1 was die Kosten betrifft. Leider sind wir im Verhältnis zu Streckennetz und Ausbau weit abgeschlagen. Es ist jedenfalls ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Ebenso erfreulich ist die Tatsache, dass nach den ständigen Kürzungen im Sozialbereich, bzw. bei Kunst und Kultur in der Vergangenheit endlich wieder mehr Geld für diese Bereiche zur Verfügung steht. Wieweit im Bereich Kunst und Kultur jedoch die „Kleinen“ profitieren werden, oder ob das Mehr an Mitteln nur für Großprojekte und die sogenannte „Hochkultur“ verwendet wird, werden wir erst sehen – wir hoffen auf eine Stärkung der „Kleinen“

Auch wurde eine Kürzung der Parteienförderung bzw. der Klubförderung im neuen Budget verankert, die eine unserer zentralen Forderungen ist. Leider fällt diese nur marginal aus. Es handelt sich in Summe um nur 34.500.- Euro und das auch nur im ersten Jahr. Es wäre wünschenswert diese Einsparung auch 2016 weiterzuführen und weiter zur reduzieren. Aber zumindest wurde ein erster Schritt in diese Richtung gesetzt. Dabei darf es aber nicht bleiben!

Die zusätzlichen Mittel für unsere Jugend – ich denke dabei an den Ausbau des Schulprogramms und die Instandsetzung der Jugendzentren – ist ein weiterer Punkt der für die Unterstützung des neuen Budgets spricht.

Dass es für die nächsten zwei Jahre keine Erhöhungen bei den Müll- und Kanalgebühren geben wird, ist ebenfalls eine notwendige und begrüßenswerte Entlastung für die ohnehin stark strapazierten Geldbörsen der Grazerinnen und Grazer.

Leider gibt es auch einige Wermutstropfen.
Wir haben anscheinend noch immer nicht den Mut gefunden, dem öffentlichen Verkehr den Status einzuräumen, der ihm gebührt. Außer ein paar kleineren Projekten, die irgendwann umgesetzt werden sollen, gibt es keine Pläne für ein umfassendes Verkehrskonzept, das dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs absoluten Vorrang einräumt.

Dies ist umso bedauerlicher, da Graz eine der Feinstaubhochburgen in Europa ist und der Individualverkehr ohne ein entsprechendes Angebot nicht reduziert werden kann. Eine billige Jahreskarte ist da nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Nicht umsonst ist der blaue Brief der EU nun da. Politische Diskussionen über Umweltzonen, CityMaut und dergleichen werden wieder kommen. Die Lösung liegt im Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel – erst wenn es Alternativen gibt, kann und darf man über Einschränkungen des Individualverkehrs sprechen.
Positiv ist aber auf jeden Fall zu ergänzen, dass man im Rathaus nun die Worte „Nahverkehrsfinanzierung, Nahverkehrsabgabe“ laut aussprechen kann ohne von der ÖVP als Wirtschaftsvernichter dargestellt zu werden. Man hat offensichtlich erkannt, dass die Wirtschaft von genau diesem öffentlichen Verkehr stark profitiert!

Ein weiterer Kritikpunkt sind die 1,8 Millionen für die Ordnungswache, die zwar in Relation zum Gesamtbudget von 1 Milliarde nur ein relativ kleiner Budgetposten sind. Trotzdem sehen wir die Beibehaltung der Ordnungswache als überflüssige Ausgabe an, da diese hauptsächlich dazu dient, die in Graz hinterfragenswerten Verbotszonen zu überwachen.
Wer braucht eine Alkoholverbotszone am Hauptplatz? Am Standl darf getrunken werden – einen Meter daneben ist es verboten – wenn die Stadt feiert, oder so wie jetzt gerade mit den Glühweinständen ist es sowieso erlaubt.
Wir sollten gemeinsam nochmals darüber nachdenken, ob wir nicht eine andere Lösung für das Liegenlassen von Hundekot, Wegwerfen von Zigarettenkippen (10 Euro Strafe), Radfahren in Grünanlagen, Tauben füttern (30 Euro), Anstandsverletzung, Bettelei (35 Euro) finden. Man könnte z.B. den Stadtpark für die Radfahrerinnen und Radfahrer öffnen.

Sind wir mal ehrlich – es fehlt uns an Polizei und nicht an Ordnungswache. Mir ist bewusst, dass wir leider dieses Geld nicht einfach der Polizei geben können um sie in Graz zu unterstützen – aber wir als Stadt Graz müssten gemeinsam auf diesen Missstand hinweisen. Wieso müssen wir eine Ordnungswache installieren, obwohl den Grazerinnen und Grazern mehr Polizei viel lieber wäre. Auch die Erhöhung der Gelder für die Ordnungswache zeigen den Weg auf, der sich entwickelt – Privatisierung der Sicherheit. Diesen Weg können und wollen wir nicht unterstützen. Wir wollen lieber mehr und gut ausgebildete Polizistinnen und Polizisten als private Sicherheitsdienste.

Die Reduktion der Parteienförderung klingt zwar nett. Aber wenn es bei dieser kleinen kosmetischen Korrektur bleibt, ist kein wirklicher politischer Wille erkennbar, etwas daran zu ändern. Immerhin ist Österreich Europameister und Vizeweltmeister (nach Japan), was die Höhe der Parteienförderung betrifft und zwar nicht in Prozenten, sondern in Absolutbeträgen gerechnet! Dass sich die Parteien so schamlos aus dem Steuertopf bedienen, empfinden die normalen Bürgerinnen und Bürger, die ständig zum Sparen angehalten werden, als Pflanzerei.

Da muss noch dringend nachgebessert werden! Die Parteien der Stadt Graz sollten da mit gutem Beispiel vorangehen und freiwillig wieder auf den Stand vor der Erhöhung 2012 zurückkehren. Das eingesparte Geld könnte man sinnvoller für andere notwendige Maßnahmen verwenden. Ein konkreter Vorschlag wäre dieses Geld als Bürgerinnen- und Bürgerbudget in den Bezirken zur Verfügung zu stellen.

Natürlich ist es nicht einfach, das Budget einer Stadt in der Größenordnung von Graz so transparent aufzubereiten, dass jeder Interessierte die Zusammenhänge versteht und nachvollziehen kann.

Ein großer Teil der Intransparenz und Unübersichtlichkeit entsteht durch das fast undurchschaubare Geflecht der Stadt mit ihren ausgelagerten Betrieben, in welche man auch nur sehr geringen Einblick hat.
Daher fällt es schwer, einem Budget zuzustimmen, das man nicht bis ins letzte Detail durchblicken kann, besonders wenn die Position „Sonstige Ausgaben“ viel zu oft im Budget vorkommt – und man als Außenstehender nicht nachvollziehen kann was darunter zu verstehen ist.

Auch der Bereich Subventionen und Sponsoring gehört genau hinterfragt. Nicht nur die Punkte, die bereits durch den Stadtrechnungshof kritisiert wurden, gehören noch geändert.

Nach dem vorliegenden Budgetvorschlag wird die Stadt Graz in Zukunft voraussichtlich den Schuldenstand von derzeit ca. 1,1 Mrd. auf rund 1,3 bis 1,5 Mrd. erhöhen. Dies sehen wir Piraten mit gemischten Gefühlen. In erster Linie sollten wir darauf bedacht sein, Schulden abzubauen, um nachfolgende Generationen zu entlasten.

Allerdings ist Graz durch den Finanzausgleich im Vergleich zu anderen Städten, wie etwa Wien oder Salzburg, benachteiligt und die Bevölkerung wächst rasch an. Ein Ausbau der Infrastruktur ist daher absolut notwendig. Wenn nicht mehr investiert wird, würden sich mittel- und langfristig wahrscheinlich die Lebensbedingungen für alle nicht nur in Graz, sondern auch in den Umlandgemeinden verschlechtern.

Zwar ist das vorliegende Budget trotz aller Mängel ein Schritt in die richtige Richtung.
Allerdings bleiben viele Dinge intransparent und wichtige Dinge, wie die Inangriffnahme eines umfassenden Verkehrskonzepts sind für die nächsten Jahre auf Eis gelegt.
Einzelnen Punkten des Budgets könnten wir vorbehaltlos zustimmen – leider nicht dem gesamten Budget.
Daher haben wir nach langen und intensiven internen Beratungen beschlossen, dem Budget nicht zuzustimmen.

Ich möchte mich nochmals ausdrücklich für die gute und aus unserer Sicht offene, ehrliche und so transparent wie mögliche Einbindung in die Gespräche bedanken. Es hat sich bei den Verhandlungen ja auch gezeigt, dass wir bei Punkten wie einem Livestreaming oder mehr Transparenz aus dem Gemeinderat gemeinsam auf der Suche nach Lösungen sind und diese ja auch in Griffweite sind.

Zusammengefasst: Ein gutes – aber kein perfektes Budget


thx2 katieschen, spelaea, poepe, 6581, eric, winstonsmith, und alle anderen da draußen