Jahreskarte Graz: Eine verpasste Chance

Mit 1. März 2023 ist die Jahreskarte Graz Geschichte, ersetzt durch das Klimaticket Steiermark. Warum das was auf den ersten Blick wie eine kleine verkehrspolitische Revolution klingt sich bei genauerer Betrachtung jedoch als vertane Chance entpuppt erfahrt ihr in diesem Blogpost.

Die rot-grün-rote Koalition ist mit zwei großen Versprechen angetreten: Erstens man würde alles tun, um Preissteigerungen für öffentliche Güter zu verhindern und zweitens trotz Sparkurs wird auf keinen Fall beim Klimaschutz der Rotstift angesetzt. Zwei grundsätzlich vernünftige Positionen bei denen beiden die Rathauskoalition jetzt vom Kurs abgekommen ist: Die Jahreskarte wird teuerer und beim öffentlichen Verkehr wird gespart.

Zunächst müssen die Hintergründe etwas beleuchtet weden: Der Preis der Jahreskarte Graz ist im Tarifsystem des steirischen Verkehrsverbundes verankert. Jährlich wird vom Verkehrsverbund der Preis der Öffi-Tickets an den Verbraucherindex angepasst, was im Grunde einer Preissteigerung gleichkommt. Die Stadt Graz hat darauf keinen direkten Einfluss aber worauf die Stadt sehr wohl Einfluss hat ist die Förderung von Öffi-Tickets aus dem eigenen Budget. Zuletzt wurde jede Jahreskarte, für Personen mit Hauptwohnsitz in Graz, mit 189€ von Seiten der Stadt gefördert.

Um ihrem Wahlversprechen nachzukommen wurde diese Förderung von der Stadtregierung daher an Preissteigerungen des Verkehrsverbundes entsprechend angepasst und der Preis der Jahreskarte für Grazer:innen bei 315€ eingefroren. Das Werkzeug die eigenen Versprechen einzulösen existiert also und wurde bereits erfolgreich genutzt.

In einem verkehrspolitischen Coup verkündetet die Rathauskoalition nun die Jahreskarte Graz abzuschaffen und durch das Klimaticket Steiermark zu ersetzen. Durch eine zusätzliche Förderung vom Land Steiermark sei es möglich allen Grazer:innen anstatt der Jahreskarte Graz ein Klimaticket für die Steiermark anzubieten und das bei fast gleichem Preis lautet der Spin der Regierungsparteien. Eine Jahreskarte hätte nur 8€ weniger gekostet als das gesamte Klimaticket und daher habe man sich entschieden sie abzuschaffen, verkündete die KPÖ auf ihrer Website [1] und in diversen Medien. Aber Moment mal: Wieso kostet das Klimaticket Steiermark für Grazer:innen nun 368€ anstatt 315€ wo doch der Ticketpreis zuletzt eingefroren wurde?

Die Antwort liegt in den Förderungen der Stadt Graz. Während die Stadt für jede Jahreskarte 189€ zuschoss wird die Förderung für das neue Klimaticket auf nur 100€ gekürzt. Zusätzlich zieht sich die Stadtregierung auf die bequeme Argumentation zurück, dass man keinen Einfluss auf Preissteigerungen des Verkehrsverbundes habe und daher der Ticketpreis der Jahreskarte so oder so im Juli auf 360€ gestiegen wäre [1], obwohl dieselbe Koalition im Vorjahr sehr wohl in die Preissteigerung eingegriffen hat und dies erfolgreich verkündet hat. [2] Eine Positionsänderung um 180 Grad, die argumentativ nicht aufrechtzuerhalten ist.

Aber was bedeutet die neue Förderung für das Buget der Stadt? Zuletzt befanden sich rund 30.000 geförderte Jahreskarten im Umlauf. Bei gleichbleibender Ticketanzahl und der beschlossenen Kürzung der Förderung von 189€ auf 100€ je Ticket (-89€) spart die Stadt damit rund 2,5 Millionen Euro ein. [3] Ein beträchtlicher Betrag aber hätte die Stadt die Förderung der Klimatickets Stmk auf 153€ festgelegt würde sie immer noch -36€ je Jahreskarte einsparen, also ~1 Million Euro und der Ticketpreis wäre auf 315€ eingefroren, wie es auch 2022 passiert ist. Dies führt nicht nur dazu, dass die Öffi-Tickets für Grazer:innen nun teuerer werden sondern auch zu kuriosen Situationen, dass die „neue Jahreskarte Graz“ nun für Grazer:innen teurer ist als in Gemeinden im Umland der Stadt. [4]

Fassen wir also zusammen: In Zeiten der Teuerung und Klimakrise wird es leider verabsäumt den Grazer:innen echten Mehrwert in Form des Klimatickets anzubieten und den Preis der Öffis gleich zu halten, dabei wäre dies durchaus möglich und würde der Stadt immer noch rund 1 Million Euro im eigenen Budget einsparen. Im Grunde wäre die Traifvereinfachung also eine gute Idee um Öffi-Nutzer:innen zu belohnen und neue Anreize zum Umsteigen zu bieten, doch nun ist es leider eine vertane Chance und die Öffi Nutzer:innen werden für ihren neuen Mehrwert selbst zur Kasse gebeten.


[1] https://www.kpoe-graz.at/jahreskarte-graz-klimaticket-steiermark.phtml

[2] https://steiermark.orf.at/stories/3157968/

[3] https://www.derstandard.at/story/2000142092057/graz-will-oeffi-jahreskarte-abschaffen-und-dafuer-klimaticket-foerdern

[4] https://www.meinbezirk.at/graz-umgebung/c-regionauten-community/jahreskarte-ab-maerz-im-umland-guenstiger-als-in-graz_a5866774